In 10 Schritten zum Verkaufsperching auf dem Flohmarkt

Ich lese immer wieder, wie man am besten Geld fürs Reisen spart oder verdient. Ein oft genannter Tipp ist: „Werde dein altes Zeug los“.

Und da ich dieses Jahr noch einiges an Reiseplänen habe, beschloss ich, diesen Tipp auszuprobieren.

Letzten Freitag räumte ich meinen Keller und meinen Kleiderschrank aus. Und schweren Herzens auch meinen Schuhschrank. Und bin dann gestern früh mit einem vollbepackten Wagen auf dem wöchentlichen Flohmarkt erschienen.

Der Zeitpunkt war nicht zufällig gewählt: es ist Frühlingsanfang und auch Anfang des Monats. Somit ist es jetzt angenehmer, draußen auszustellen. Und nicht zuletzt: viele, die  wenig für Kleidung oder Sonstiges ausgeben wollen oder wenig Geld zur Verfügung haben (aber auch nicht nur die), haben es womöglich gerade oder vor wenigen Tagen bekommen. Und wollen auch mal „shoppen“ gehen.

Also eine erste Regel:

1. Wähle den richtigen Zeitpunkt aus (vor allem, wenn du nicht jede Woche als Verkäufer auf den Flohmarkt gehst).

Bevor ich hinfuhr, hatte ich mich als Erstes hübsch gemacht (s. weiter unten, Regel Nr. 4). Es ist statistisch nachgewiesen, dass gepflegtes Aussehen im Verkaufsgespräch hilfreich sei. Ich muss sagen, es war nicht leicht, meine Schokoladenseite zum Vorschein zu bringen: ich musste um 5 Uhr aufstehen und das ist für mich eine unmenschliche Uhrzeit. Nebenbei erwähnt bin ich eher ein Nachtmensch und oft bis 1-2 Uhr in der Nacht putzmunter. Auch diese Nacht war keine Ausnahme. Ich musste tief in die Schminkkiste greifen, um die Spuren der kurzen Nacht zu kaschieren.

Danach bin ich pünktlich aufgebrochen, um Mr. G abzuholen. Um 6:20 waren wir schon auf dem Flohmarktplatz. Und dieser war schon voll. Obwohl der Verkauf erst um 8 Uhr beginnt. Somit bestätigte sich ein Tipp, von dem ich gelesen hatte:

2. Sei möglichst früh dort, um einen guten Platz zu ergattern!

Und solltest du mit dem Auto da sein, versuch dich so zu positionieren, dass du auch wieder herausfahren kannst. Wenn du früher gehen willst, wäre es blöd, wenn dir andere Verkäufer mit ihren Ständen im Weg stehen und dein Auto blockieren. Das klappt nicht immer, aber man sollte es versuchen.

Wir hatten es gerade so geschafft, einen guten Platz zu finden. Danach ging es an den Standaufbau. Es war ein einziges Chaos. Nach und nach merkte ich auch, dass aus meinen geplanten 1.5m² fast mehr als 3m² wurden. Was die Standgebühr nochmal um 150% erhöht hat. Also zwei weitere Tipps:

3. Ausstellungsfläche gut planen und ggf. „reduzieren“ (zumindest, bis die Gebühr eingesammelt ist 😉 )

Meine Beobachtung war, dass ich mich genauso ausgebreitet hatte, wie mein Auto lang war (das sich direkt hinter dem Stand befand). Wenn man Platz zur Verfügung hat, füllt man ihn auch aus. Und einen Kleiderständer, der etwa 1.20m lang ist, kann man auch mal für eine Weile nicht der Länge, sondern der Breite nach aufstellen ;). Oder die Kisten eben enger zusammenrücken. Je kompakter der Stand, umso besser kann man ihn auch im Blick behalten. Und an der Standgebühr sparen.

Dabei fiel mir auf, dass es gar nicht so einfach war, den Stand entsprechend zu „dekorieren“, was aber auch auf dem Flohmarkt sehr wichtig ist:

4. Mach deinen Stand hübsch (s. auch Hinweis, sich hübsch zu machen): man ist zwar auf dem Flohmarkt. Aber auch dort lassen wir uns von unserem unbewussten Empfinden leiten, was schön und wertig aussieht.

Daraus ergeben sich für mich noch folgende Nebenerkenntnisse:

  • Decke Tische oder Ablageflächen ab, wenn die Oberfläche nicht gut genug aussieht.
  • Stelle die teureren Sachen oder diese, die du eher loswerden willst, auf eine angemessene Höhe aus. Das ist eine bekannte Supermarktstrategie. Wir greifen automatisch eher nach den Dingen, die wir bequem erreichen können – ohne uns bücken, hinhocken oder strecken zu müssen.
  • Die Gegenstände dabei so positionieren, dass sie möglichst nicht geklaut werden. Denn manche schauen mit den Fingern.
  • In diesem Zusammenhang immer jeweils nur einen Schuh ausstellen.
  • Kleidung am besten auf einem Kleiderständer aufhängen und möglichst nach Farbe, Preisklasse und/oder Kleidungstyp sortieren.
  • An den abschließenden Enden der Kleidungsstange die hübscheren Kleidungsstücke aufhängen, damit es ansprechender aussieht.
  • Die teureren Ausstellungsstücke eher ins Blickfeld der Besucher rücken.
  • Versuche, deinen Stand wie im Supermarkt aufzbauen: „von rechts nach links“. Statistiken besagen, dass die Verkäufe sich um mehr als 10% steigern lassen, wenn ein Kunde in einem Laden von rechts nach links geht. Achte das nächste Mal darauf, wie größere Supermärkte oder Kaufhäuser aufgebaut sind ;). Es ist nicht immer der Fall, aber fast immer. Ich bilde es mir vielleicht ein, aber so war es an meinem Stand, dass die Menschen sich eher von rechts nach links „durchgearbeitet“ haben.

Und dann kann es auch schon mit dem Verkaufen losgehen. Dabei ist noch sehr wichtig:

5. Wechselgeld mitnehmen: wenn du Kleinkram für wenige Cents verkaufst, musst du auch wechseln können. Wäre blöd, wenn ein Geschäft ins Wasser fällt, weil du kein Restgeld herausgeben kannst. Ich habe mir für den Anfang etwa 15€ klein machen lassen, so dass von jedem Münztyp etwas dabei war.

6. Tragetüten mitnehmen: jeder, der Schuhe oder Kleidung bei mir gekauft hat, hat auch nach einer Tüte verlangt. Zur Not tun es auch einfache Müllbeutel aus der Drogerie. Oder alte Tüten von deinen eigenen Einkäufen.

Es war noch nicht mal 7 Uhr morgens, da kamen die ersten Flohmarkt-Jäger. Sie sind schon vor allen anderen da und klappern alle Stände ab, um das beste Zeug schon vor dem offiziellen Start abzugreifen. Diese stürmen u. U. deinen Stand, während du noch am Aufbauen bist. Und sie schleichen sich auch mal an dein Auto heran und fangen an, im Kofferraum herumzuwühlen. Deswegen ist es besser, wenn man nicht alleine auf den Flohmarkt geht oder man sollte sich mit dem nächststehenden Verkäufer verbünden. So passt der andere auf, dass dich keiner beklaut, wenn du auf die Toilette musst, oder wenn es einen Kundenansturm gibt. Anderenfalls einfach mal die Augen offen halten und wenn nötig, die „Kunden“ zurechtweisen. So habe ich einige auch vom Auto von Mr. G verjagt. Und sie haben trotzdem etwas gekauft.

Mr. G hatte schon vor 8 Uhr morgens seine Standgebühr reingeholt. Er hatte einfach viel Elektronikstuff dabei. Das wundert auch nicht: meistens interessieren sich Männer dafür. Und die meisten Schnäppchenjäger, die im Halbdunkeln schon unterwegs waren, waren auch Männer.

Bei mir machte sich deswegen leichte Frustration breit. Ich hatte gelesen, dass man auf dem Flohmarkt den meisten Umsatz schon vor 8 Uhr macht. In diesem einen Fall konnte ich das aber nicht bestätigen. Wir waren bis ca. 14 Uhr fast durchgehend beschäftigt. Und ich konnte auch 90% meiner „Waren“ absetzen.

Alle auf dem Flohmarkt wollen den Preis drücken. Und ganz am Anfang musst du nicht auf jedes Angebot eingehen oder jedem Druck nachgeben. Denn viele wandern den Flohmarkt auf und ab und versuchen es wenig später wieder bei dir. Und spätestens dann weißt du, was sie wollen und wie viel es ihnen wert ist. Somit hier eine weitere Regel:

7. Feilsche!

Es liegt nicht jedem. Aber wenn du schon auf den Flohmarkt gehst, hast du deine Komfortzone bereits verlassen und musst aus dir heraus. Ich feilsche gern. Manche Kunden, vor allem aus südlicheren Ländern, brauchen das auch. Die gängige Taktik ist natürlich, einen höheren Preis zu nennen, damit du runtergehen kannst. Dabei ist es auch wichtig, außer Acht zu lassen, was der Gegenstand davor gekostet hat oder was er dir bedeutet! Denn nur deswegen ist er den Käufern noch lange nicht das Geld wert, für das du ihn gekauft hast oder verkaufen willst! Das fiel mir am Anfang schwer, manche meiner Sachen zu verramschen. Aber ich stellte mir zwei Fragen: was, wenn ich das Teil nicht verkaufe? Will ich es wieder mit nach Hause nehmen oder würde ich es z. B. in den Kleidercontainer geben? Für Letzteres würde ich keinen müden Cent bekommen. Also bekomme ich lieber paar wenige Euro dafür, als gar nix. 

Und die zweite Frage war: muss ich mir dennoch unverschämte Preisangebote gefallen lassen? NEIN! Wenn ich gemerkt habe, dass einer wegen 50 Cent den Gegenstand nicht kaufen wollte, obwohl ich ihm schon sehr entgegen gekommen war, dann habe ich den Deal abgebrochen und ihn zum Teufel geschickt. Manche besinnen sich dann tatsächlich und so kommt das Geschäft doch zustande. So hat mir einer einen Rock, der in einem einwandfreien Zustand war und noch zeitgemäß (nur nicht mehr meinem Alter gemäß) aussah, für 1€ abkaufen wollen. Ich habe ihm den Rock aus den Händchen gerissen und ihm gesagt, dass er gefälligst mehr Anstand beim Verhandeln zeigen sollte. Dann hat er ihn doch für 4€ gekauft. Eine Steigerung um 300% für eine freche Antwort? Gern geschehen 😉 .  Andere ließen sich natürlich nicht beeinflussen. Sie sind z. T. wirklich wegen 50 Cent abgesprungen. Wenig später habe ich den Gegenstand sogar ohne weitere Verhandlungen für den „vollen“ Preis verkauft.

8. Geschichten erzählen: ich war überrascht, dass man mit einem eingebildeten Spruch manche Leute auch zum Kauf bewegen konnte. Ich glaube, das liegt daran, dass man selbstbewusster auftritt und den Leuten unbewusst suggeriert, dass die Sachen mehr wert sind. Aber Achtung! Man muss dabei immer authentisch bleiben! Zu viel Verstellen verrät einen.

Auf der anderen Seite lassen sich Dinge in Verbindung mit einer Geschichte besser verkaufen, s. auch meinen Weinbericht hier. So habe ich meine drei Tomb Raider Lösungsbücher verkauft. Und das jemandem, der das Spiel kein einziges Mal gespielt hatte. Er sei schon immer fasziniert von den tollen Kulissen gewesen, vor denen Lara Croft Artefakte sammelt, hat er gemeint. Und das bin ich auch. Also unterhielten wir uns darüber, bevor ich ihm den Preis nannte 😉 .

Im weiteren Verlauf verkaufte ich ein Kleid von mir: einem Mann! Für seine Freundin versteht sich. Ich erzählte ihm, dass ich es bei einem Boxkampf in ZDF live auf der Aftershow-Party getragen hätte. Was ja nicht mal gelogen war. Es hilft also, die Leute in ein Gespräch zu verwickeln 😉 .

Das führt uns zu einer weiteren Regel:

9. Spreche den Kunden sofort an und nenne ihm den Preis, wenn du siehst, dass er sich für etwas an deinem Stand interessiert! Nur so kannst du Regeln 7. und 8. anwenden.

Nicht zuletzt könntest du auch ein paar praktische Dinge selber brauchen, um besser durch den Tag zu kommen:

10. Dinge, die du noch mitnehmen solltest:

  • Essen & Trinken: beim Essen hört die Freundschaft auf und Flohmarkt ist z. T. Knochenarbeit. Also brauchst du Energie und ein seelisches Gleichgewicht, um erfolgreich zu verhandeln. Deswegen habe ich als Zweites, nachdem ich mein Näschen gepudert hatte, ausreichend Futter beim Bäcker geholt.
  • Einen Stuhl (zur Not im Auto sitzen, wenn du mit dem Auto da bist).
  • Eine Sonnenmütze und/oder Sonnenschutz/Sonnencreme (evtl. auch (Sonnen-)Schirm).
  • Taschenlampe, sollte es in den frühen Stunden noch dunkel sein.
  • Feuchte Tücher: verschaffen schnell ein Sauberkeitsgefühl.
  • Abdeckfolie (z. B. Malerfolie aus dem Baumarkt), um deinen Stand abzudecken, falls es regnen sollte. Das tat es bei uns tatsächlich und das war sehr sehr hilfreich.
  • Dir Gedanken machen, was sich gut verkauft: i. d. R. sind das: Schreibwaren, Kinderschuhe/Kinderkleidung, Elektronik (Notebooks, Handys mit Ladegerät, Kabel), Kunstblumen, Decken, Schuhe, Ü-Eifiguren, Geschirr…
  • Was nur bedingt gut läuft: Zeitschriften, Bücher, Steine/Mineralien (es kommt aber aufs Publikum an).

Unterm Strich war meine erste Flohmarkterfahrung als Verkäufer sehr zufriedenstellend. Nicht zuletzt dank einiger Tipps, die ich gesammelt und versucht hatte, anzuwenden (und auch hier zusammengetragen habe). Und selbst nach Abzug der Standgebühr (24€) habe ich einen guten Gewinn erzielt. Den Keller kann man wieder betreten. Die Reisekasse sieht besser aus. Und man fühlt sich leichter und befreiter, was will man mehr 😉 ?

Was habt ihr für Erfahrungen auf dem Flohmarkt gemacht? Habt ihr noch weitere Tipps?